Nickelabbau in Guatemala: Mit Gewalt und Korruption gegen Bergbaugegner

Bürgerinnen und Bürger der Maya-Gemeinde El Estor kämpfen am Izabal-See gegen das russisch-estnische Unternehmen Solway. Der Bergbau verschmutze den See und zerstöre ihre Lebensgrundlage, kritisieren sie. Die Firma leugnet die Vorwürfe und zahlt Schmiergeld an Oppositionelle. Doch auch das Oberste Gericht gab den Einheimischen Recht.

vom Recherche-Kollektiv Weltreporter:
10 Minuten
Rauchende Schornsteine und Fabriken zum Abbau von Nickel und zur Herstellung von Nickeleisen am Izabal-See in Guatemala

Eduardo Bin Poou schaut wehmütig und mit traurigem Blick auf das vorbei gleitende Wasser. „Wir wissen nicht, woher die Krankheit kommt, es gibt keine Untersuchungen“, sagt er. Aber der Guatemalteke ist sich sicher, dass die Blasen auf den Fischen etwas mit der großen Industrieanlage zu tun haben, die sich am Ufer erhebt. Auch für die roten Flecken, die vor ein paar Jahren auf dem Wasser erschienen sind, sei die Firma verantwortlich. „Wir haben das schon mehrmals bei den Behörden angezeigt, aber der Regierung ist das völlig egal“, kritisiert der 57-jährige. Dann steuert er sein Boot auf die Industrierohre, Schornsteine und Fabrikhallen zu, die am Ufer zu sehen sind.

Jeden Moment könnte sich ein tropischer Regenfall über uns ergießen, manche der Berge rund um den Izabal-See im Osten Guatemalas sind bereits hinter den Wolken verschwunden. Dennoch drosselt Bin Poou, Schnauzer, rote Basecap, blaues T-Shirt, graue Arbeitshose, seinen Motor und zeigt auf eine grau-schwarze Masse nahe des Ufers. „In diesem Schlamm befindet sich Schwermetall und er wird nur 50 Meter vom See entfernt gelagert“, sagt der Fischer. „Dabei hat das Bergbauunternehmen gar keine Genehmigung, um diesen Abfall hier zu deponieren.“ Wenn es viel regne, fließe der Dreck ins Wasser.

Fischer und Bergbaugegner Bin Poou rudert mit seinem blauen Boot auf den Izabal-See hinaus
Seit vielen Jahren wehrt sich Fischer Bin Poou gegen den Nickelabbau in seiner Heimat, der Maya-Gemeinde El Estor

Seit vielen Jahren wehren sich Bin Poou und andere Q´eqchi-Mayas aus der Kleinstadt El Estor und andere Gemeinden gegen den Bergbau sowie die Produktion von Nickeleisen in ihrer Heimat. Erst kämpften sie gegen ein kanadisches Unternehmen. Seit 2014 hat die Guatemaltekische Nickel-Kompanie (CGN), ein Unternehmen der russischen Solway Investment Group mit Sitz in der Schweiz, die Förderung übernommen. Immer wieder spitzen sich die Auseinandersetzungen am größten See Guatemalas zu. Polizisten und Soldaten gehen brutal gegen protestierende Einheimische vor. So auch im Oktober vergangenen Jahres. Damals blockierten die Indigenen die Zufahrtsstraße zur Mine, weil CGN ihrer Meinung nach illegal Nickel abbaue.

Unterstützung vom guatemaltekischen Verfassungsgericht

Sie seien nie gefragt worden, ob sie mit dem Bergbau einverstanden seien, kritisierten viele Bewohnerinnen und Bewohner von El Estor. Schließlich hätten Indigene das international verbriefte Recht auf eine Konsultation, wenn auf ihrem Land Rohstoffe abgebaut werden sollten. „Die Regierung und Solway handeln rechtswidrig, sie ignorieren den Paragraph 169 der Internationalen Arbeitsorganisation“, erklärt Bin, während er sein Boot wieder beschleunigt. So sah es auch das guatemaltekische Verfassungsgericht. Über 90 Prozent der 73.000 Menschen in El Estor sind Indigene. Solange sie nicht umfänglich informiert und befragt worden seien, dürfe das Fenix-Bergwerk nicht weiter Nickel abbauen, urteilten die Richter im Januar vergangenen Jahres.

Zwei Menschen fahren auf einem Motorrad auf der schlammigen Straße zum Bergwerk der Firma CGN
Schlammige Wege: Die Straße zum Bergwerk CGN am guatemaltekischen Izabal-See
Die Bergbaugegner Luis Choc und seine Mutter Angelica befinden sich auf dem Balkon.ihres Hauses im guatemaltekischen El Estor
Luis Choc und seine Mutter Angelica kämpfen seit langem gegen den Nickelabbau nahe El Estor
Indigene Frauen und Kinder in Maya-Kleidung auf der Straße in der guatemaltekischen Stadt El Estor
Alltag in El Estor: Die indigene Maya-Gemeinde ist in der Frage des Bergbaus gespalten
Ein Förderband für den Nickelabbau in der Abendsonne
Abendstimmung am Izabal-See: Nickelabbau gefährdet die Lebensgrundlage vieler Fischer
Auf einer Holzwand wird „Freiheit für die Stimmen des Izabal-Sees“ gefordert. Zu sehen sind einige verfolgte Gegner de Nickelabbaus.
„Freiheit für die Stimmen des Izabal-Sees“: Wandbild der Verfolgten Bergbaugegner