Covid-19 in Südamerika: Infiziert vom Korruptions-Virus

Die Pandemie ist ein Nährboden für krumme Deals. Eine Analyse mit Beispielen aus Peru, Kolumbien, Brasilien und Chile.

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Zwei Menschen, höchstwahrscheinlich Frauen, in Ganzkörper-Schutzkleidung, mit Haube, Mundschutz, Visier und Handschuhen hantieren auf einer Tiefkühlbox mit Impfstoff und Spritzen. Im Hintergrund ist eine dritte Person in Schutzkleidung zu sehen.

Von Hildegard Willer, Katharina Wojczenko, Ulrike Prinz und Sophia Boddenberg

Schmiergeldzahlungen, Diebstahl, Unterschlagung, falsche Krankschreibungen, verbotene Zusatzzahlungen für medizinische Dienstleistungen, Vetternwirtschaft, falsche Abrechnungen: Die Liste der weltweiten Korruptions-Fälle während der Corona-Pandemie ist lang, die die Nichtregierungsorganisation Transparency International im Dezember 2020 zusammengestellt hat.

„Covid-19 ist nicht nur eine Gesundheits- und Wirtschaftskrise. Es ist eine Korruptions-Krise. Und eine, die wir derzeit nicht in den Griff bekommen”, sagt die Argentinierin Delia Ferreira Rubio, Vorsitzende von Transparency International.

Südamerika steht im jährlichen Korruptions-Wahrnehmungs-Index nicht gut da. Uruguay und Chile sind zwar im vorderen Feld zu finden, aber die meisten Länder tummeln sich im hinteren Mittelfeld: Argentinien auf Platz 85, Kolumbien Platz 99, Peru und Brasilien teilen sich Platz 105 von insgesamt 180 Ländern.

Die Weltkarte zeigt 180 Länder in verschiedenen Tönen von Dunkelrot bis Gelb. In Südamerika ist Venezuela am schwersten betroffen.
Der Korruptions-Wahrnehmungs-Index von Transparency International als Weltkarte: Je dunkelroter, desto schlimmer ist die Korruption in einem Land im öffentlichen Sektor.

Wo wie in Südamerika die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit besonders groß sind und demokratische Institutionen schwach, hat Korruption ein leichtes Spiel. „Die Pandemie hat die Korruption begünstigt, denn sie hat Entscheidungsspielräume konzentriert und Kontrollmechanismen verringert. Dies ist in allen lateinamerikanischen Ländern geschehen”, erklärte Delia Ferreira Rubio der Deutschen Welle.

Was diese Länder gemein haben: Leidtragende sind vor allem die Armen. Sei es, weil sie Wucherpreise für Sauerstoff bezahlen müssen, „Freunde” brauchen, um an einen Platz auf der Intensivstation für ihre kranken Angehörigen zu kommen, weil sie in Privatkliniken für Untersuchungen bezahlen müssen, die eigentlich kostenlos sein sollten – oder weil hohe Regierungsbeamte und -beamtinnen sich schmieren lassen, aus dem Staatshaushalt überteuerte Produkte einkaufen und für die Medikamente für die Armen nichts mehr übrig bleibt.

Doch jedes Land hat seine Korruptions-Besonderheiten. Vier Beispiele aus Südamerika:

Gesicht einer Frau, halblange braune Haare, Brille, hellhäutig, ca. 45 Jahre.
Die Gesundheitswissenschaftlerin Camila Gianella leitet das Sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut CISEPA an der Katholischen Universität in Lima, Peru.
Im Hintergrund steht ein Mann in blauem Hygienekittel und Mundschutz, der eine Spritze aufzieht. Im Vordergrund steht ein kleiner roter Plastikeimer für gebrauchte Spritzen.
Utensilien bei einer Impfkampagne in Lima, Peru.