KI ersetzt nicht den Kurator

Das EU-Projekt Beyond Matter schafft die Grundlagen für eine Virtuelle Museologie

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Abstrakt geformte Körper in unterschiedlichen Farben sind vor einem schwarzen Hintergrund  im Raum angeordnet.

Ein Eisblock, der über der Themse schwebt, eine riesige Spinne, die das Ufer der South Bank erklimmt. Augmented Reality ermöglichte im vergangenen Winter eine spektakuläre Kunstausstellung, für die weder Heizungs- noch Transportkosten anfielen. Alles virtuell, alles immateriell, zugänglich über eine App im öffentlichen Raum. „Augmented Reality braucht das Museum nicht mehr“, sagt Daniel Birnbaum, der künstlerische Direktor von Acute Art, einem britischen Technologiedienstleister für Künstler:innen. „Wir fragen, wo eine digitale Kunst angesiedelt sein kann, ob sie kommerzialisierbar ist und wie sie archivierbar sein könnte“, so der Kunsthistoriker, der zuletzt das Moderna Museet in Stockholm geleitet hat. Auf der HyMEx-Tagung stellte Birnbaum die neuesten Projekte von Acute Art vor. HyMEx steht für Hybrid Museum Experience und ist Teil des Forschungsprojekts Beyond Matter.

Seit drei Jahren beschäftigt sich das von Lívià Nolasco-Rózsás initiierte Projekt mit Museumsfragen der Zukunft. Sie ist Mitarbeiterin des Hertz-Labors am Zentrum für Kunst und Medien (ZKM). Wie wichtig die technologische Aufrüstung der Ausstellungshäuser ist, haben die angewachsenen Online-Aktvitäten der pandemiebedingt geschlossenen Museen gezeigt. Das Karlsruher ZKM widmet sich seit seiner Eröffnung 1997 der Medienkunst, erprobt aber auch neue Ausstellungsformate wie „Open Codes“, bei dem Workspace, Lounge und Ausstellungsraum ineinander übergingen.

Kein „digitaler Zwilling“

Im Forschungsprojekt Beyond Matter werde gefragt, wie Digitalität den Begriff von Raum beeinflusse und welche Folgen das für die Kunstvermittlung und die museale Arbeit habe, sagt Lívià Nolasco-Rózsás. Das bis 2023 laufende Projekt vernetzt Aktivitäten des Centre Pompidou, der Tallin Art Hall, der Aalto University und des Tirana Art Lab. Mit dabei ist auch ein enger Partner des ZKM, das Ludwig Museum in Budapest. Dort fand die HyMEx-Tagung als Online-Veranstaltung statt. Zugeschaltet waren Experten aus der ganzen Welt.

Screenshot der Diskussionsrunde: gesplitterter Bildschirm mit den vier Gesprächsteilnehmern.
Während der HyMEx-Tagung diskutierten Experten aus aller Welt online über digitale Anwendungen wie KI oder VR für Ausstellungsinstitute und Museen. Darunter Lívià Nolasco-Rózsás (ZKM, Karlsruhe), Daniel Birnbaum (Acute Art, London), Corina L. Apostol (Tallin Art Hall) und Béla Tamás Kónya (Ludwig Museum Budapest).
An geschmolzene Schokolade erinnert die amorphe Ruine im Vordergrund. Im Hintergrund öffnet sich der Raum zu einer bergigen Wüstenlandschaft.
Carola Bonfili schafft anhand neuer Technologie vielschichtige Erzählungen, die von natürlichen Formen inspiriert sind. „The Infinite End of Franz Kafka's Das Schloss“ (2018).