Fahrrad fahren bei Frost: Wo trocken bleiben mehr zählt als bei anderem Outdoor-Sport

Minusgrade und Schnee schließen Rad-Touren oder -Training nicht aus. Sofern Kleidung, Ausrüstung und Technik stimmen. 3×3 Tipps und ein kritischer Blick aufs Zwiebelschalen-Dogma.

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Fünf Radfahrende queren hintereinander eine von Raureif veredelte Busch- und Baum-Landschaft.

Wer im Winter außer Haus längere Strecken radelt oder eifrig trainiert, sollte akribisch durchdenken, was er oder sie anzieht. Dass sich mehrere dünne Schichten besser eignen als wenige dicke, gilt als Binsenweisheit und Prinzip der Zwiebelschalen. Doch so einfach das klingt, wirklich weise beim winterlichen Radfahren ist nur, wer die „Schalen“ der Fahrradkluft so plant, dass eisige Temperaturen keine feuchte = leichte Bahn finden, um die Kleidung zu durchdringen.

Der Autor lehnt, in Radkluft und in weihnachtlich-näöchtlicher Szenerie, an einem Wegweiser, auf dem vermerkt ist „Antwerpen 18,2 km“.
Minus 5 Grad Celsius, kurz vor Antwerpen: Auch bei Frost bevorzugt der RadelndeReporter mehrere dünne statt wenige dicke Textillagen überm Rumpf. So entsteht weniger Hitzestau und Schweiß – welcher die Kälte-Isolation kaputt macht.

Ordentlich zu schwitzen ist okay, sofern die Runde bald endet und die heiße Dusche winkt. Aber mitten auf Frosttour von innen her nass werden? Lieber nicht.

Rennradler-Porträt bis zum Lenker hinunter: Der Mann trägt eine dicke Daunenjacke und grinst in die Kamera.
Extrem in die Pedale steigen und die Leistungsgrenzen ausloten? Dick eingepackt bei brutalen Minusgraden lieber nur die letzten Kilometer vor Ankunft (und Dusche!)
Eine Gruppe von Radfahenden fährt in Winter-Landschaft auf den Fotografen zu.
So flexibel sich Bekleidung unterhalb der Taille gestalten lässt:Frauen bleiben – außer, sie verwenden Spezialanfertigungen, auf welche beispielsweise der Textbeitrag des RadelndenReporters verweist – in Sachen Pinkelpausen benachteiligt.
Der Autor hat sich neben Rennrad und Spanien-Grenzinsignien in den meterhohen Schnee am Rand der Passhöhe fallen lassen.
Frostbeulen-Gefahr an der Grenze Frankreichs: Fuhr der RadelndeReporter noch fußwarm auf den Grenz-Pass namens Somport (Pyrenäen), zog die kilometerlange rasante Abfahrt nach Canfranc in jener Dezembernacht extrem taube Füße nach sich.
Vor einer Winterlichen Landschaftsszenerie mit dem Speichen eines Zweirads hält eine behandschuhte Hand eine kleine Notpumpe für Rennradreifen.
Gestatten das nötige Fingerspitzengefühl und mutieren schnell zu wärmenden Fäustlingen: Handschuhe mit abklappbarem Fingerkuppen-Schutz.
Eine Gruppe Rennradfahrer, im Dunkeln von hinten auf einer Landstraße fotografiert.
Hilfreich auch während der dunklen Jahreszeit: In Rückentaschen spezieller Fahrrad.-Klamotten lassen sich schnell und unkompliziert während des Fahrens allerlei Utensilien verstauen – sowie herausnehmen.
Unter einem Graph für die tageszeitlich sich ändernde Temperatur im Dorf namens Wahsow ist die jeweilige Windrichtung mit Pfeilen eingetragen.
Die Windrichtungen bei sich ändernder Temperatur und variierender Windstärke im Blick zu haben, kann bei intensivem Winter-Radtraining relevant sein, um sich weder zu dünn noch zu dick anzuziehen.
Auf blau bis lillafarbenem Hintergrund sind Orte wie München und St. Anton eingetragen – darüber eine Temperaturskala.
Während der Windchill an jenem 17. Januar n München und südöstlich davon um die nuill Grad Celsius liegt, würden Radfahrende in der Arlberg-Region eine Temperatur von unter –10 Grad Celsius fühlen – obwohl die realen Außentemperaturen an jenem Tag etwa gleich waren (nicht gezeigt).
Tabelle, die bei minus 5 und 10 Grad die gefühlte Temperatur bei verschiedenen Windgschwindigkeiten listet.
Windchill abgestuft nach Wind-Geschwindigkeit (5er-Schritte): Die Zeilen unter der jeweiligen Außentemperatur (in der Dachzeile) entsprechen Wind, der – von oben nach unten – mit 5, 10, 15, 20 usw. Kilometern pro Stunde weht. Violette Feldfarbe, z.B. gefühlte –18,8° bei 25er-Wind und real –10° Celsius, signalisiert einen Windchill, der schnell zu Erfrierungen führt.
Srceenshot einer App, die fürs Dorf Wahrsow die Temperaturen und Windverhältnisse anzeigt.
„Feels like –8° Celsius“ – obwohl die Mittagsluft in diesem Dorf Nordwestmecklenburgs „nur“ –4° Celsius beträgt: Beispiel dafür, wie sich die gefühlte Temperatur von der realen unterscheiden kann.
Detail eines Radrahmens, in dessen Flaschenhalter eine Thermoskanne verankert ist.
Dafür und damit kann man sich im Winter erwärmen: Thermosflasche mit Heißgetränk im Flaschenhalter eines Rennrads. Mit einer aufgeschnittenen herkömmlichen Plastikflasche als „Hülle“ (Plastikrand endet im Foto knapp oberhalb der schwarzen Halterung) lässt sich eine kleinere Flasche der Halterung anpassen.
Vollbepacktes Gravelbike im Radabteil eines TGV der älteren Generation.
Festgefrorene Züge und Schaltungen: Wer sein Rad vor der Tour in Wohnung, Kofferraum oder Bahnabteil hatte (hier auf der Strecke Paris-Reims in einem angejahrten TGV), muss damit rechnen, dass anschließend während der Radfahrt gefrierendes Kondenswasser die Gangschaltung oder, schlimmer noch, die Bremszüge lahmlegt.
Der eingemummelte Autor mit seinem Rennrad vor dem Bahnhof von Maubeuge, Département Nord.
Festgefrorene Schaltungen: Hätte ich in Frankreichs Nordwesten gewusst, ich wurde in die wallonischen Berge Belgiens auf dem großen vorderen Kettenblatt kurbeln müssen, ich hätte ein Enteisungsspray in der Rückentasche der Jacke vorgehalten.
In einer Industriestadt mit einem Graffito auf einer Hochhauswand steht das Rennrad des Autors vor dem Sambre-Fluss.
Versagende Akku- oder Batterie-betriebene Geräte: Dient das (Pfeil) Lenker-fixierte Smartphone der Navigation, wird es in fremden Gegend (hier in Walloniens Charleroi) schwierig. Zumal wenn, wie selbst erlebt, das Gerät wegen der Kälte verweigert, per Powerbank-Anschluss wieder aufgeladen zu werden! Das Rotkäppchen am Hochhaus hinter der Sambre scheint sich darüber zu amüsieren, dass der RadelndeReporter nur mit Ach und Krach kurz vor Sonnenuntergang bei –12 Grad Celsius sein Etappenziel erreichte.
Der RadelndeReporter auf seinem Gravelbike vor Fluss und winterkahler Landschaft mit Häusern.
Versagende Akku- oder Batterie-betriebene Geräte: Das Smartphone, das hier bei –5 Grad auf der (vom Schwerverkehr vibrierenden!) Elbbrücke vor Lauenburg einem Selfie dient, steckt unterwegs in der Hülle, die waagrecht auf dem Lenker festgeklickt ist. In die Hülle passt notfalls noch ein Wärmepad, das das Gerät vor dem „Kältetod“ bewahrt.

Und zum Thema Sportphilosophie und Extrem-Bedingungen: Messners Strategien zum „Ausbruch aus dem Terrorismus der Normalität

Reinhold Messner