Francisco Mojicas 'Salt Lovers' und der Beginn der CRISPR-Forschung (Teil 3)

11 Minuten
Blaue Cas9-Moleküle umkränzen den Titel dieses Artikels vor himbeerrotem Hintergrund in den die Titel wichtiger Fachartikel Mojicas eingeblendet sind.

Dies ist Teil 3 der dreiteiligen Episode (direkt zu Teil 2, direkt zu Teil 1).

Die Computer und ein Student retten Francisco Mojica. Den Umschwung in seinen schweren Zeiten kurz vor der Jahrtausendwende bringt eine Entwicklung in einem Feld, das bis dahin ein Schattendasein fristet: Bioinformatik oder Computational Biology. Mit dem Aufstieg der Molekularbiologie in den 1960er und vor allem dann ab den 1970er Jahren wachsen die Mengen an biologischen Informationen aus der Welt der kleinsten Dinge. Aminosäuresequenzen, 3D-Strukturen der Proteine und dann vor allem Nukleotidsequenzen (also die Abfolge der Buchstaben des genetischen Codes) werden in Laboren auf der ganzen Welt ermittelt und müssen irgendwo zusammengetragen werden, damit auch jeder darauf zugreifen kann. Seit den 1980er Jahren gibt es zunehmend mehr Datenbanken, um diesen Informationsschatz zu sammeln und öffentlich verfügbar zu machen. Doch bis in die erste Hälfte der 1990er Jahre bleiben die öffentlich zugänglichen Sammelstellen für DNA-Sequenzen wie die US-amerikanische GenBank oder die europäische EMBL-Bank nur spärlich besetzt.

Erst als die Sequenzierungstechniken die nächste Stufe der Entwicklung nehmen, hebt die Menge an Sequenzdaten ab, um in den Folgejahren exponentiell zu wachsen. 1995 wird das erste vollständige Genom eines Lebewesens veröffentlicht, das des Bakteriums Haemophilus influenzae. (Sein Name weist auf den Umstand hin, dass es einst fälschlicherweise für den Auslöser der Grippe gehalten wurde.)

1996 sequenzieren dann Forscher um Craig Venter den ersten Vertreter der Archaeen komplett: Methanocaldococcus jannaschii ist ein Bewohner heißer Quellen am Meeresboden. Bei ihm beschreibt das TIGR-Team um Venter mit ihrer neuartigen und schnellen Shotgun-Sequenzierungsmethode erstmals vollständig das CRISPR-Muster in einem Mikroben-Chromosom. Von da an nimmt der Fundus an kompletten Genomen, insbesondere von Bakterien und Archaeen stetig zu. Unter großem Tamtam präsentiert Präsident Bill Clinton im Jahr 2000 mit den Chefs der beiden konkurrierenden Sequenzierungsteams Francis Collins und Craig Venter an der Seite eine noch unvollständige Arbeitsversion des ersten sequenzierten Genoms des Menschen. 2003 wird die vollständige Sequenz veröffentlicht, 13 Jahre nach dem Start. Heute braucht es für dieselbe Aufgabe nicht mal einen Tag. Eine neue Ära der Biologie hatte begonnen.

ein Mann in einem weißen Kittel und eine Zeitschrift [AI]
Francisco Mojica und die erste Seite seines Fachartikels aus dem Jahr 2000, vor den beiden Artikeln aus den Jahren 1995 und 1993.
eine Collage eines Buches [AI]
Die Verteilung von Artnamen verschiedener Mikroben auf den drei Hauptästen des Stammbaums des Lebens, bei denen repeat-Sequenzen wie bei E. coli und H. mediterraneii entdeckt wurden. Diese drei Domänen sind durch farbige Wolken dargestellt. Fast alle Funde, bis auf einen, liegen auf den Ästen der Bakterien und Archaeen.
Auf der Suche nach weiteren repeats wurde Franciso Mojica bis Ende der 1990er Jahre auf allen drei Hauptästen des Stammbaums des Lebens fündig. Ob es sich bei dem Fund bei der Ackerbohne Vicia faba (in den Mitochondrien der Zellen) tatsächlich um CRISPR-repeats handelt, ist noch offen. Mojicas These, dass das Muster aus repeats und spacern ein grundlegend Phänomen ist, konnte er mit dieser Arbeit, die im Jahr 2000 veröffentlicht wurde, eindrücklich belegen.