Das Risiko von Covid-19: Für eine Weile um sechs Jahre älter

Wie wahrscheinlich ist es, nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus zu sterben? Das versuchen Forscher zu beziffern. Ein britischer Risikoexperte veranschaulicht die Ergebnisse.

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Ein rostiger Wecker symbolisiert Alter und Lebenszeit

„Gefährlich“ ist ein großes Wort – und ein grobes, um das Risiko zu beschreiben, das vom neuen Coronavirus ausgeht. David Spiegelhalter von der Universität Oxford hat einen konkreteren Vorschlag. Der in Großbritannien populäre Risikoforscher berät die dortige Regierung und Journalisten in der Corona-Pandemie. Er versucht, das Risiko einer Coronainfektion für Laien greifbar zu machen. Dazu verwendet er ein Diagramm aus der Versicherungsbranche. Dass das im Fall von Sars-CoV-2 überhaupt funktioniert, findet Spiegelhalter „außergewöhnlich“.

Doch der Reihe nach.

Im Unterschied zur abstrakten „Gefahr“, lässt sich das „Risiko“ in Zahlen ausdrücken. Es beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der ein drohender Schaden eintritt. Das ist bei Sars-CoV-2 indes schwierig. Selbst, wenn man sich auf den wohl schlimmsten Fall konzentriert: nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus zu sterben. Epidemiologen nennen dieses Risiko „Infektionssterblichkeit“, oder auf Englisch „infection fatality rate“, abgekürzt IFR. Theoretisch lässt sich die IFR in einer Bevölkerung sehr leicht berechnen: Teile die Anzahl der an Covid-19 Verstorbenen durch die Anzahl derer, die die Infektion hatten. Indes, weder der Zähler noch der Nenner des Bruchs lassen sich genau messen. Dennoch versuchen das seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 Forscher in aller Welt. Um es vorwegzunehmen: Erst allmählich ergibt sich ein konsistentes Bild, das jedoch noch Unsicherheiten birgt.

Arbeiten mit ungewissen Zahlen

Am schwierigsten zu messen ist die Anzahl derer, die die Infektion mit Sars-CoV-2 bereits durchgemacht haben. Der übliche PCR-Test weist aktive Infektionen zwar zuverlässig nach. Bei einem Teil der Infektionen erfolgt indes gar kein Test, da nur milde oder gar keine Symptome auftreten. Daher eignet sich die Zahl der gemeldeten positiven Fälle nicht zur Berechnung des IFR. Verwendet man sie dennoch als Nenner, wie es etwa das Robert-Koch-Institut tut, ergibt sich die so genannte „Fallsterblichkeit“. Weil der Nenner zu klein ist, wird der Bruch zu groß. Die Fallsterblichkeit überschätzt das Risiko, an einer Infektion zu sterben. Es ist alles nicht ganz so schlimm, wie es zunächst erscheint.

eine Grafik der Sterberate [AI]
Die Infektionssterblichkeit (schwarze Kreise) verglichen mit dem normalen Risiko zu sterben (blaue Linie für Männer und rote Linie für Frauen). Beide Risiken steigen in gleichem Maß mit dem Alter an. Eine Infektion mit dem Coronavirus verdoppelt also in etwa das ohnehin vorhandene Lebensrisiko.