Wie lange dauert es, einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln?

Viele Menschen fragen sich, warum es nicht schon längst einen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus gibt. Wir erklären, wie Impfstoffe entwickelt werden und welche Schritte nötig sind, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.

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Ein Coronavirus im Elektronenmikroskop

Bei RiffReporter berichten WissenschaftsjournalistInnen für Sie über die Pandemie

Kurzantwort:

Normalerweise dauert die Entwicklung eines Impfstoffes etwa zehn Jahre, aber erste Ergebnisse zur Effektivität eines Coronaimpfstoffes im Menschen sind bereits gegen Ende des Jahres 2020 zu erwarten, ein Rekord. Es ist allerdings offen, ob der erste getestete Impfstoff auch wirksam sein wird.

Erklärung:

Viele Menschen fragen sich, warum es nicht schon längst einen Impfstoff gegen das neuartige Sars-Coronavirus-2 gibt, wo das Virus doch so gefährlich ist. Sie übersehen: Der Erreger wurde erst im Dezember 2019 in China erstmals beobachtet und dann in großer Geschwindigkeit identifiziert und genetisch sequenziert.

Über 160 Projekte weltweit entwickeln gerade einen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus. Aber wenn Wissenschaftler und Firmenvertreter nun sagen, dass es frühestens Ende des Jahres 2020 einen Impfstoff geben könnte, dann finden die Experten selbst das sehr schnell. Denn selbst die Entwicklung des Mumpsimpfstoffes, des bisherigen Rekordhalters bezüglich Schnelligkeit, dauerte mit vier Jahren deutlich länger.

Traditionell nutzt man zur Entwicklung eines Impfstoffes die abgetötete oder abgeschwächte Form des Virus selbst. Bei einem abgetöteten Virus kann man allerdings nicht sicher sein, ob auch wirklich alle Viruspartikel zerstört sind. Auch ein abgeschwächtes Virus könnte in einer geimpften Person mutieren – sich also weiter verändern – und so eventuell wieder infektiös werden. Wissenschaftler nutzen für die meisten Kandidaten für einen Sars-CoV-2-Impfstoff deshalb einen sichereren Ansatz, der nur noch einen kleinen Teil des Virus enthält.

Meist handelt es sich dabei um den sogenannten „Spike“, das ist das Protein, mit dem das Virus an eine Zelle ankoppeln muss, um in diese einzudringen und sie zu infizieren. Viele Impfstoffe enthalten entweder Teile des Eiweißes, aus dem dieser Spike besteht, oder die genetische Bauanleitung dafür in Form von DNA oder RNA. Der Impfstoff sorgt dann dafür, dass das Immunsystem des Geimpften diesen „Spike“ kennenlernt: Er trainiert das Immunsystem, so dass es im Ernstfall einer Begegnung mit dem echten Virus Antikörper oder Killerzellen bilden kann, die das Virus unschädlich machen und eine Infektion verhindern können.

Wichtig: Der Kandidat für den Impfstoff muss ultrarein sein

Um einen Impfstoff zu entwickeln, müssen Impfstoffentwickler komplizierte Verfahren und auch Tricks anwenden. So müssen sie die Körperzellen einer geimpften Person dazu bringen, die Proteinschnipsel oder DNA bzw. RNA tatsächlich aufzunehmen. Dazu packen sie diese in Nanopartikel oder in sogenannte virale Vektoren. Das sind leere Hüllen anderer Viren; sie können sich selbst nicht mehr vermehren, werden aber von den Zellen der geimpften Person aufgenommen. Die Zellen übersetzen dann die DNA- oder RNA-Bauanleitung in das Spike-Protein. Das Immunsystem der geimpften Person wird dadurch trainiert.

Im Prinzip dauert es nicht lange, diese Art von Impfstoff zu produzieren, denn die Sequenz für das Spike-Protein kennt man ja bereits, und auch die Synthese von DNA, RNA oder Protein geht heutzutage im Gegensatz zu früher sehr schnell.

Was dann aber Zeit und auch Geld verschlingt: Den Impfstoff in der Reinheit herzustellen, der für Versuche am Menschen und für den Einsatz als Massenprodukt nötig ist. Wenn man Hunderten Millionen Menschen einen Impfstoff per Spritze verabreichen will, muss dieser absolut sicher sein und zum Beispiel keine gefährlichen Nebenwirkungen verursachen.