In Wiens neuem Stadtteil sind Autos Nebensache

Die autogerechte Stadt ist in Verruf geraten. Eine Alternative wird gerade am Rand von Wien gebaut und untersucht.

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Der fünf Hektar große künstliche See ist das Herzstück des neuen Stadtteils. Hier baden die Menschen im Sommer und laufen im Winter Schlittschuhe.

Busy Streets – Auf neuen Wegen in die Stadt der Zukunft

In einem weiten Bogen rattert die U2 auf aufgebockten Gleisen über verlassene Felder und hellen Bausand. Kurz bevor sie die Endstation „Seestadt“ erreicht, recken sich rechter Hand helle Hochhäuser dem endlos blauen Himmel entgegen. Vor ihnen breitet sich ein riesiger Badeteich aus und eine noch größere Brache aus Sand. Nach rund zehn Jahren Bauzeit ist das „Seestadt Aspern“ am Rad von Wien weiterhin eine gigantische Baustelle, allerdings eine, die Planer und Architekten aus der ganzen Welt anlockt. Hier am Rand von Wien, in einem der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas, entsteht eine klimafreundliche Stadt der kurzen Wege, mit viel Platz und Grün für Anwohner und mit möglichst wenig Autoverkehr. 7500 Menschen leben mittlerweile in dem Bezirk. Bis 2030 sollen es 20.000 werden und wenn alles nach Plan läuft, werden auch ebenso viele hier arbeiten.

Am Anfang war die U-Bahn

40:40:20 lautet der Code zum Erfolg des Projekts. Wenn das Konzept der Planer aufgeht, werden die Bewohner des neuen Stadtteils später 40 Prozent ihrer Wege mit Bus und Bahn zurücklegen, ebensoviele zu Fuß und mit dem Rad unterwegs sein und nur noch für 20 Prozent der Wege ins Auto steigen. Wie ernst Wien diese Ziele sind, zeigt der Bau der U2. Die Linie steuerte bereits den neuen Stadtteil an, bevor überhaupt das erste Haus stand. Die potenziellen Mieter und Bauherren sollten die Gewissheit haben, dass sie gut ins Zentrum kommen. 360 Millionen Euro hat Wien die U-Bahn-Linie ins Nichts gekostet. Anfangs fuhr die Bahn alle 20 Minuten inzwischen ist sie zu den Stoßzeit im 5-Minuten-Takt unterwegs und braucht rund 30 Minuten ins Zentrum.

Rund ein Viertel des neuen Quartiers ist bebaut. Helle Hochhäuser ragen empor. Die übrige Fläche ist Bausand.
Die Seestadt ist weiterhin eine riesige Baustelle. 2030 sollen die Häuser bis an die Gleise reichen
Bürgernähe ist wichtig. Deshalb ist Christoph Kirchbergern, Raumplaner der Technischen Uni Wien und Koordinator des  „Aspern Mobil Labor“ jeden Dienstag in dem großen Büro in der Seestadt. An dem langen Tisch ist Platz für 15 Personen, um miteinander zu diskutieren.
Christoph Kirchberger, Raumplaner der Technischen Uni Wien, koordiniert mit seinen Kollegen das „Aspern Mobil Labor“. Jeden Dienstag ist er in seinem Büro in der Seestadt als Ansprechpartner für die Anwohner/innen vor Ort.
Die E-Bikes stehen in der Seestadt an zentralen Plätzen wie hier an der U-Bahn-Haltestelle. Die weißen Räder werden an den Stationen automatisch geladen.
Die Seestadt-Flotte eine der ersten E-Bike-Sharing-Systeme in Europa. Die Räder stehen an zentralen Plätzen wie hier an der U-Bahn-Haltestelle. An den Stationen werden sie automatisch geladen.
Die junge Mutter steht auf der Gemeinschafts Dachterrasse ihrer Baugruppe. Das Dach ist ebenso begrünt wie die Laubengänge auf den verschiedenen Etagen.
Tina Kronaus lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in der Seestadt. Die Dachterrasse gehört zum Gemeinschaftseigentum ihrer Baugruppe wie die angrenzende Küche oder das Spielhaus im Garten für die Kinder
Blick aus der Vogelperspektive auf den Innenhof. Der begrünte Platz gehört den Kindern. Drei Baugruppen haben sich zusammengetan und den Kindern hier ihren eigenen Raum geschaffen mit viel Wiese, einem Sandkasten und einem eigenen Spielhaus
Der Innenhof gehört den Kindern. Drei Baugruppen haben sich zusammengetan und den Kindern hier ihren eigenen Raum geschaffen mit viel Wiese, einem Sandkasten und einem eigenen Spielhaus
Der begrünte Innenhof  mit dem Spielhaus ist nur für die Mitglieder der verschiedenen Baugruppen zugänglich.
Luxus für Eltern: Hier spielen die Kinder in einem geschützten Raum, der nur Mitgliedern der beteiligten Baugruppen zugänglich ist.
An manchen Stellen stehen die Wohnblocks dicht beieinander. Dennoch gibt es immer kleine grüne Flächen mit Möglichkeiten zum Verweilen wie hier eine Bank mit Sonnensegel
Die Bauweise in der Seestadt ist sehr vielfältig. An manchen Stellen stehen die Wohnblocks dicht beieinander. Dennoch gibt es immer kleine Oasen mit Möglichkeiten zum Verweilen mit Bänken wie hier
Braune Planken, Loungemöbel und Palmen – schöne Dachterrassen zum Relaxen sind bei den Baugruppen beliebt
Dachterrassen sind beliebt bei den Baugruppen. Auf einem der Häuser in der Seestadt gibt es auch einen Swimmingpool
Das Luftbild zeigt die neue Seestadt mit ihren Hochhäusern und großen Wohnblocks inmitten von Feldern und dem hellen Bausand. Etwa ein Viertel des neuen Quartiers ist fertig. Mittendrin der künstliche See.
Nach rund zehn Jahren Bauzeit ist die „Seestadt Aspern“ am Rand von Wien weiterhin eine gigantische Baustelle.