Verführ mich

Warum fällt es Menschen eigentlich so schwer, ihr Auto gegen andere Verkehrsmittel zu tauschen. Eine Annäherung.

7 Minuten
Junge Menschen zu Fuß und per Fahrrad an einer Kreuzung

Busy Streets – Auf neuen Wegen in die Stadt der Zukunft

„Kein eigenes Auto mehr? Das finde ich komplett blöd“, schimpfte unser 16-jähriger Sohn empört. Der Leasing-Vertrag unseres Dacia-Logans war ausgelaufen und wir hatten den Wagen zurückgegeben. Ein Plan, um die entstandene Lücke zu schließen, fehlte. Wir brauchen ein- bis zweimal pro Woche einen Wagen. Dafür lohnt sich kaum ein eigener Pkw. Dennoch ist sein Einwand richtig; wir brauchen eine Alternative. Schließlich wohnen wir nicht mehr in Köln oder Bremen, wo man mit Bus und Bahn überall hinkommt. Wir leben in Buxtehude, einer Stadt mit 40.000 Einwohnern und einem Busverkehr, den außer den Pendlern und den Schulkindern niemand wirklich ernst nimmt.

In Zukunft ist der Mensch multimodal unterwegs, das predigen Verkehrsexperten seit vielen Jahren. Doch obwohl Fahrradfahren im Trend liegt und immer mehr Autos, Scooter, Bikes und Fahrten geteilt werden, bleibt der eigene Wagen hartnäckig das Verkehrsmittel Nummer eins in Deutschland. Ein Hindernis ist das lückenhafte Alternativ-Angebot jenseits der Großstadt. Eine weitaus größere Barriere scheint jedoch der Mensch selbst zu sein. Seine Sozialisation und seine Gewohnheiten machen ihn träge für Veränderungen. Soll er mit seinen Routinen brechen, muss er dazu regelrecht verführt werden.

Ohne Auto aufgeschmissen

Der öffentliche Nahverkehr in unserer Stadt hat nicht das Zeug dazu. Für uns ist es deutlich einfacher, mehrmals pro Stunde mit der S-Bahn 38 Kilometer nach Hamburg zu fahren, als zu Freunden, die im Umkreis von fünf bis 15 Kilometern auf den Dörfern leben. Diese Wege erledigt man hier mit dem Auto. Denn Busse fahren, wenn überhaupt, nur stündlich. Mein Mann und ich legen die Strecke auch gerne mit dem Rad zurück. Für unsere Kinder hingegen (12, 16 Jahre) ist das je nach Entfernung, Witterung, Uhrzeit oder fehlender Radinfrastruktur schwierig.