„Die Weltbürger kommen inzwischen mehrheitlich aus den Schwellenländern“

Ein Interview mit dem in New York lebenden Künstler Ingo Günther, der mit Globen die Geschichten unserer Zeit erzählt.

6 Minuten
Auf dem Globus sind mit Pfeilen Ströme der Arbeitsmigration eingezeichnet.

„Globalismus“ – die Idee weltweiter Verbundenheit liegt der modernen Wissenschaft wie auch dem Klimaschutz zugrunde, sie gehört zum Wesen des Internets. Doch 2016 haben mächtige Politiker den Globalismus zum Feind auserkoren. Nicht nur vom ökonomischen Prozess der “Globalisierung” sprachen die britische Premierministerin Theresa May und der künftige US-Präsident Donald Trump in ihren Reden, sondern gezielt vom Globalismus, also einer größeren Idee. Donald Trump hat es vor kurzem so formuliert: „Es gibt keine Welthymne. Keine Weltwährung. Kein Zertifikat für Weltbürgerschaft. Wir schwören auf nur eine Flagge und das ist die amerikanische Flagge.“

Globalismus in der Krise? Dazu haben wir den in New York lebenden Künstler Ingo Günther befragt. Er nutzt Globen als Medium. Mit ihnen erzählt er die Geschichten unserer Zeit. Viele Hundert Globen hat er bereits in seinem Projekt „Worldprocessor“ geschaffen, er hat damit Themen wie Flüchtlingsströme, Rohstoffvorkommen, Patentrechte, Vermögensverteilung greifbar gemacht.

Günther, Jahrgang 1957, war an der Staatlichen Akademie Düsseldorf Meisterschüler von Nam June Paik. Er hat als Professor an der Kunsthochschule für Medien Köln, der Zürcher Universität der Künste und der Universität der Künste Tokio gearbeitet. Seine Werke wurden unter anderem in der Berliner Nationalgalerie, auf der Biennale in Venedig und der documenta 8 in Kassel sowie im Guggenheim Museum in New York gezeigt. 2016 wirkte Günther unter anderem als Professor an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und als künstlerischer Direktor eines der ältesten Zen-Tempel von Tokio.

Der Künstler Ingo Günther
Der in New York lebende Künstler Ingo Günther nutzt Globen als künstlerisch-journalistische Medien.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt landwirtschaftliche Nutzflächen dar.
Globus [398] Landwirtschaftliche Nutzflächen, 2016. Der Globus zeigt die landwirtschaftlichen Nutzflächen der Erde. Die Hälfte wird für den Anbau von Tierfutter verwendet, 3 Prozent für pflanzliche Treibstoffe.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt Gebiete dar, die durch die Erderhitzung überschwemmt werden könnten.
Globus [396] Potentieller Anstieg des Meeresspiegels. Diese Gebiete wären überschwemmt, wenn der Meeresspiegel um fünf Meter ansteigen würde. Das wird sicher in diesem Jahrhundert nicht geschehen, aber Sturmfluten und Hurrikane können zeitweise für solche Bedingungen sorgen.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther, auf dem Milliardäre und ihre Vermögen eingetragen sind.
Globus [381–2]: Milliardäre 2015. Jeder Kreis steht für einen Milliardär mit einem Vermögen von mehr als 10 Milliarden US-Dollar über seinem jeweiligen Heimatland.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt weltweit befestigte Grenzen dar.
Globus [397] Mauern, Zäune, Barrieren, 2016. Weiße Linien zeigen Grenzmauern oder -zäune, die fertiggestellt oder in Bau sind. Gepunktete Linien zeigen geplante Barrieren. Das Land, das die Barriere errichtete, wird mit einem Code benannt.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt friedfertige Länder dar.
Globus [138–8] Friedfertige Länder nach dem 2. Weltkrieg, 2016. Der Globus zeigt die Länder, die nach dem 2. Weltkrieg nicht in kriegerische Handlungen und Konflikte involviert gewesen sind.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt die Zahl der Autos dar.
Globus [217–7] Stau 2016: Autos 130x um die Welt, 2016. Wenn man alle Autos aneinanderreihen würde, würden sie die Erde 130 Mal umrunden. Die Spirale zeigt den Grad der Motorisierung zu verschiedenen Zeitpunkten, mit einer Projektion für das Jahr 2020.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther
Globus [357–3] Reichweite von Atomwaffen, 2012. Der innere Kreis zeigt die Reichweite erprobter Trägerraketen für Nuklearsprengköpfe, der äußere Kreis die Reichweite neuer, noch ungetesteter Waffensysteme.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt die Reichweite taktischer Atomwaffen dar.
Globus [241–4] 3 Hour US Air Force Range, 2011. Der größte Teil der Erdoberfläche kann aufgrund des globalen Netzwerkes von Luftwaffenstützpunkten und Flugzeugträgern von US-amerikanischen Kampfjets innerhalb von maximal drei Stunden erreicht werden.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt globale Feuchtgebiete dar.
Globalität: Feuchtgebiete auf einem Erdball des Künstlers Ingo Günther. Die Lebensräume für viele Vogelarten sind durch den Klimawandel bedroht.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt die Höhe der Entwicklungshilfe dar.
Globus [247–3] Entwicklungshilfe, 2012. Die schwarzen Linien sind unterschiedlich breit, je nach der Höhe der Entwicklungshilfezahlung (Stand 2010). Empfängerländer sind in Grün dargestellt.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt die wichtigsten Flüsse der Erde dar.
Globus [111] Wichtigste Flüsse, o.D.. Die großen Flüsse der Welt durchziehen die Erdoberfläche wie feine Adern.
Ein Globus des Künstlers Ingo Günther stellt die Hauptsprachen der Menschheit dar.
Globus [66] Die Erde in 80 Sprachen, o.D. Die Sprachen sind relativ zur Zahl ihrer Sprecher unterschiedlich groß dargestellt.