„Wie ein böser Traum“
Thomas, 59, hatte Covid-19, war schwerkrank und leidet immer noch an den Folgen. Das ist seine Geschichte.
Das Coronavirus hat mich komplett aus dem Leben gerissen. Ich war immer sehr fit. Ich war Sportler, zweimal die Woche habe ich Fußball gespielt, außerdem habe ich einen Fußballclub trainiert. Heute komme ich kaum die Treppe hoch. Schon bei etwa 20 Stufen geht mir die Luft aus und ich muss eine Pause machen. Mir ist ständig schwindelig und ich habe mehrmals am Tag heftige Kopfschmerzen, mal für eine halbe Stunde, mal länger. Ich bin Handwerker, ich kann seit drei Monaten nicht mehr arbeiten, keinen Sport mehr machen. Das Einzige, was ich machen kann, sind kurze Spaziergänge. Und selbst dann muss ich mich hinterher erstmal hinlegen.
Angesteckt habe ich mich Anfang März, in Ischgl. Wir waren gerade erst zwei Tage dort, da mussten wir wieder abreisen – behördliche Anordnung. Schon auf dem Weg nach Hause, im Auto, ging es los. Ich fühlte mich schwach, hatte Schüttelfrost und Kopfschmerzen. Ich rief meine Frau an und sagte: „Ich glaube, ich habe Corona.“ Wir haben einen Partyraum im Keller, dort legte ich mich ins Gästebett. Sicher ist sicher, dachte ich. Ich wollte meine Frau und meinen Sohn nicht anstecken. In der Nacht kam das Fieber. 40 Grad. Fünf Tage später machte ich einen Corona-Test beim Gesundheitsamt – positiv.

Ich war nie besonders gläubig. Aber in diesen Tagen habe ich angefangen zu beten.
In den folgenden Tagen bekam ich eine Lungenentzündung, Husten, Geschmacksverlust. Ich nahm Paracetamol, Antibiotika, doch das Fieber ging nicht runter. 14 Tage lang. Ich war nie besonders gläubig. Aber in diesen Tagen habe ich angefangen zu beten. Ich dachte, ich überlebe das nicht. 26 Tage verbrachte ich im Keller, in absoluter Quarantäne. Meine Frau und mein Sohn stellten mir das Essen vor die Tür, meine Hausärztin warf mir Tabletten in den Briefkasten. Nach 26 Tagen dachte ich für kurze Zeit: Es geht bergauf. Aber es veränderte sich nur: Jetzt begannen Migräneanfälle, Atembeschwerden, Kurzatmigkeit.
Seit acht Wochen nehme ich jeden Tag Cortison. Nach einer normalen Lungenentzündung würde es mir schon längst viel besser gehen, sagen die Ärzte. Aber beim Coronavirus ist alles anders. Das Virus hat meine Lunge so sehr geschädigt, dass meine Lungenfunktion stark eingeschränkt ist. Wegen der Kopfschmerzen vermuten die Ärzte, dass der Erreger auch in meinem Kopf war, im Hirnwasser. Weil das Virus so lange in meinem Körper war, wissen sie nicht, was es noch alles angestellt hat. Sie sagen: Je länger das Virus im Körper ist, desto schädlicher ist es für das Immunsystem.
Ich hoffe, dass ich damit einen kleinen Beitrag leisten kann, um anderen Betroffenen zu helfen.
Keiner kann mir genau sagen, wann es besser wird. Oder ob ich jemals wieder so fit sein werde wie früher. Aber ich kämpfe mich zurück in mein altes Leben. Und ich habe mich als Proband für das Corona-Forschungsprojekt „Corsaar“ im Saarland zur Verfügung gestellt. Die Studie hat das Ziel, den Verlauf der Krankheit besser vorherzusagen. Ich hoffe, dass ich damit einen kleinen Beitrag leisten kann, um anderen Betroffenen zu helfen.
Das Projekt wurde von der Riff freie Medien gGmbH aus Mitteln der Klaus Tschira Stiftung gefördert.
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